11/15/2013

NUR A-MANN IM A-TEAM VOM JOBCENTER

ursprünglich veröffentlicht am 23.7.2012

To my way of thinking, there is nothing more delightful than to be a stranger.And so I mingle with human beings, because they are not of my kind,and precisely in order to be a stranger among them.Song of the Swallow: The Thousand and One Nights

(qtd. in Bowles)

cc Silke Strama

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Synopsis: Jobcenter protegiert neues Business Model: Reduktion des Betriebskapitals auf Null und pari passu Kreditaufnahme zur Betriebskapitalaufstockung! Vom Jobcenter geprüfte Unternehmen bestechen durch bislang einzigartiges Loss-lite Engineering durch Profit-only Accounting.

Werter Herr Alexander Amann,

Wie Sie sich vielleicht erinnern, befasste ich mich in einem meiner letzten Schreiben an Ihre Kollegin mit dem Thema ‘Chronologisches Vorgehen’. Wiewohl chronologisches Vorgehen in vielen Fällen vorteilhaft ist, kann eine nonchronologische Behandlung in manchen Fällen eine Emphase herbeiführen, um rhetorisch das behandelte Thema zu elevieren, die Dramaturgie zu steigern und nicht zuletzt das Wichtigste, der Entertainment Faktor. Ich möchte mich der letzteren Methode annehmen. Zuvor jedoch ist es mir ein Anliegen Don Draper in leicht abgewandelter Form zu zitieren, der es wie kein anderer versteht, meiner nachfolgenden Elegie das notwendige Timbre zu geben: “Business is a glittering lure, but there is the rare occasion when the public can be engaged on a level beyond Flash.”

Um dem Humor die gebührende Konjunktur zu gewähren, erinnere ich mich an unser erstes Meeting im Mai 2011 bei dem Sie zunächst einmal fehlende Personaldaten von mir erfragten. Nach nunmehr sechs Jahren (!) war offenkundig ihre Datenbank noch immer nicht komplett. Ich kommentierte dies regungslos und nonchalant mit einem inneren Kopfschütteln, lässig meine Contenance bewahrend.

Es wurde betrüblicherweise nicht besser als Sie erwähnten, dass meine berufliche Tätigkeit als Reiseleiter in Asien nicht so unbedingt vermittlungsfähig sei. Dem würde ich salopp zustimmen wollen, wenn da nicht der Umstand wäre – und dieser ist der/dem ARGE/Jobcenter bekannt -, dass ich nur recht kurze Zeit als RL tätig war und dann Reisen über das Internet als Incoming Agent organisierte. Die ARGE hatte mir seinerzeit auch einschlägige Stellenausschreibungen zugewiesen. Einige umfassten die Kenntnis eines CRS Systems (Amadeus o. ä. also) und ich hatte mich intensivst (ja dies ist tatsächlich im Superlativ gemeint) um einen Kurs bemüht und schlussendlich sogar vor dem Sozialgericht geklagt. Das Sozialgericht wies mein Ersuchen ab mit der Begründung, ich könne bei Stellenvergabe einen solchen Kurs besuchen (sic!). Was könnte der Grund sein, werter Herr Amann? Würde Altersdiskriminierung im Billiglohnland DE-Land den Ton treffen?

Ich möchte es hierbei belassen und mich vielmehr ihrer ‘Eingliederungserklärung’ vom 28.11.2011 zuwenden. Vorangegangen war Ihre korrekte Feststellung, dass ich an Gründungskapital interessiert sei. Wobei mein Business Plan klar meine Präferenz einer Finanzierung aus dem Cash Flow erkennen lies. Dennoch, Gründungskapital wäre gut im Hinblick auf eine Akzeleration der Produktausweitung, aber, und dies ist eine ganz dickes aber, bitte zu einem Zinssatz, der nicht meinen Musculus zygomaticus major strapaziert.


Wie aus dem Dokument zu ersehen, ist als Ziel die “Stabilisierung der geplanten Selbständigkeit” vorgesehen und dazu soll eine Teilnahme “an der Info-Veranstaltung für das Existenzgründungsseminar bei KIZ Prowina” meiner Eingliederung (!) dienlich sein. Meinen Respekt, dies ist ein sprachlich wohlfeiles Konstrukt, für den Sprachpuristen elegisch.

Ich würde die Geschäftsmoral des Jobcenters niemals verwechseln mit Stil und Charakter, aber wenn sie Menschen mit Hartz IV die Möglichkeit zu einer Kreditaufnahme vermitteln möchten, dann wäre es gut, insbesondere im Sinne einer Sorgfaltspflicht, wenn sie mehr Bescheid wüssten über ein Kreditprodukt als lediglich einen Flyer auszuteilen. Mir ist auch nicht verständlich, wie man sich über einen Kredit in eine Gesellschaft “eingliedern” kann. Vielleicht überdenken sie beim Jobcenter einmal ihre etwas knorrige Diktion. Sie wirkt zuweilen degoutant und lässt eine sprachliche Raffinesse vermissen.

Zuletzt erbitten Sie noch “aussagekräftige Nachweise über die erzielten Einnahmen”. Je öfter ich dies lese, werter Herr Amann, desto besser gefällt mir ihr (ja, dies ist ein kleingeschriebenes ‘ihr’ und bezieht sich somit auf die Trademark Business Excellence des Jobcenters) Business Modell. Gestatten Sie mir, Ihnen etwas zu sagen? Und ich sage dies mit einem unbescholtenen Leumund unerschütterlicher Heterosexualität mit George Costanza als mein Zeuge. Sie sind fantastisch, faszinierend und frappant zugleich, wie sie offenkundig ein Business kennen, das nur Einnahmen hat und keine Ausgaben. Bingo!

Meine Einschätzung, die Sie ja nun gewünscht hatten, hatte ich hier behandelt, wie Sie ja wissen. Sie lässt aber einen wichtigen Punkt aus, nämlich welche Menschen sie beim Jobcenter, wie mir scheint völlig gedankenlos und gleichgültig, auf eine solche Veranstaltung schicken. Eine Veranstaltung, die es Menschen ermöglicht, sich zu verschulden mit exorbitanten Zinslasten.

Wir waren bei dieser Veranstaltung der KIZ zwei Personen. Fünfzehn Minuten nach Beginn betritt ein Herr den Raum verspätet. Er stellt sich vor und es ist sofort ersichtlich, dieser Herr besitzt einen Wortschatz von etwa 7-11 Lego Satzfragment Bausteinen. Wie in Gottes Namen kann eine Behörde einen solchen Menschen, der verbal eindeutig restringiert war und dies ist kein Vorwurf, sondern eine mitleidsvolle Feststellung, auf eine solche Veranstaltung senden? Eine Veranstaltung, die eine Kreditaufnahme ermöglicht. So etwas erachte ich persönlich als sittenwidrig. Aber das Business Modell beim Jobcenter besteht zuvörderst aus zwei Ansinnen: Arbeitsmarktdaten zu fälschen (korrekte Daten z. B. hier) und nun anscheinend die Alibifunktion der Kreditvergabe entsprechend der EU Initiative.

Der Impetus Hartz IV Bezieher zu Veranstaltungen wie die der KIZ zu senden, basiert auf der Intention der bankrotten EU, eine vermeintliche Beschäftigungsinitiative europaweit und in diesem Falle in DE in Gang zu bringen:

Die Minister für Beschäftigung und Soziales der Europäischen Union (EU) haben sich auf ein neues Förderungsinstrument geeignet: Mit der Option auf einen Mikrokredit bis 25.000 Euro sollen Arbeitslose, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen wollen, sowie Kleinunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern unterstützt werden.

mehr hier: http://www.existenzgruendung-portal.de/eu-mikrokredit-fur-existenzgrunder-und-arbeitslose

Die Zahlen der angeblichen Kreditaufnahmen sind geschönt, wie z . B. der Tweet des @RegSprecher im Februar über mehr als 6,000 Kreditvergaben.

Wie ich es schon eingangs ansprach, wende ich mich nun Ihrer Eingliederungserklärung vom 23.5.2011 zu.



Dort heisst es: “Einer der Voraussetzungen ist die positive Stellungnahme unseres Unternehmensberaters KIZ AG.”

Zunächst ist laut Impressum die KIZ keine AG, sondern eine GmbH. Das mag ein Lapsus sein, aber es mutet schon ein bisschen anmassend an, eine Schrottbehörde wie das Jobcenter mit einer Aktiengesellschaft im Consulting in Verbindung bringen zu wollen. Wie dem auch sei. Als ich dann im November mich bei der KIZ zu der Info-Veranstaltung anmeldete und zwei mal von verschiedenen Personen rückgerufen wurde, kannte mich dort keiner. Stattdessen wurde ich gebeten, meinen Business Plan einzureichen! Komisch, meine werter Herr Amann, den hatten Sie doch schon durch die KIZ angeblich prüfen lassen. Die Eingliederungsvereinbarung ist also geflunkert.

Fazit: Das Jobcenter kungelt also mit der KIZ. Daneben gibt es auf dem Internet noch diverse andere Firmen, die genau das Gleiche anbieten und auffallenderweise haben alle den gleichen Zinssatz, 8,9% (bei derzeit 1% Refinanzierungskosten der Banken!). Wie würde man so etwas in der freien Bankenwirtschaft bezeichnen? Das wäre ein Kartell und damit illegal.

Sie geben vor, meinen Business Plan geprüft haben zu lassen. Das würde ich nicht einmal cum grano salis gelten lassen.

Sie wünschen “die bisher erzielten Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit”, um diese dann nach einem unerfindlichen Schlüssel gleich wieder von den monatlichen Hartz IV Zahlungen abziehen zu lassen. Um diesem finanziellen Manko zu begegnen, schlagen Sie mir vor, mich über die KIZ zu verschulden. Das hat Stil, das hat Charakter, kommt aber dumm daher, denn mir ist keine selbständige Tätigkeit bekannt, die ausschliesslich Einnahmen aufweisen kann. Und dann haben wir da noch ihre Kollegin Silke Strama, die keine Einnahmen/Ausgaben Tabelle zu lesen im Stande ist…und schweigt. Vier von fünf Hartz IV Leistungsbescheiden falsch… und Silke Strama kriegt die Zähne nicht auseinander. Vielleicht haben sie beide aber auch nur ihren Baudrillard gelesen.

Und hier ist noch etwas, werter Herr Amann, das Jobcenter wird in Kürze eine Email von meiner Tochter erhalten. Diese Email wird auch cc an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gehen.

Operator! Give me the number for 911! – Homer Simpson

Mit besten Grüssen

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