11/15/2013

MANFRED JÄGER VON DER ARBEITSAGENTUR, ARBEITEN SIE GEWISSENHAFT!

ursprünglich veröffentlicht am 24.8.2012


“The censure of those who are opposed to us,
is the highest commendation that can be given us.”

Antoine de Saint-Exupèry

Mein sehr geschätzter Herr Manfred Jäger,

Wie schon in meiner Email so möchte ich auch heute Ihnen coram publico quasi herzlichst danken für die Zusendung Ihrer Epistel datiert vom 13. August 2012.

Gleich vorab, werter Herr Manfred J., ein Brief ist oft ein Simulacrum der Persönlichkeit des Schreibenden. Dies kann oft, und das ist zu hoffen, erfrischend und erhebend sein, in gewissen, wie ich meine, beklagenswerten Fällen desavouieren sich zuweilen Skribenten.

Der Briefkopf Ihres Briefes führt als “Name: Herr Bechheim” und als “E-Mail: Christoph.Bechheim@arbeitsagentur.de”. Signiert ist der Brief mit “(Manfred Jäger) (Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit München)”. Ist Ihnen das Briefpapier ausgegangen oder ist das Ihr Adlatus?



Im Weiteren führen Sie Auszüge (!!!) aus meinen Blogposts an (diesen und diesen) und meinen dann ganz schlau zu sein, mir vorzuwerfen, “strafrechtlich den Tatbestand der Beleidigung und der üblen Nachrede” zu erfüllen. Weiters “grob geschäftsschädigende Inhalte … geeignet, den Geschäftsbetrieb negativ zu beeinflussen.” Warum verschweigen Sie die anderen Inhalte?

Etwas tollpatschig meinen Sie dann, Ihnen stehen “damit (sic!) ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 ff BGB zu”. Das ist zum einen ein Zirkelschluss oder vielleicht auch ein Post hoc ergo propter hoc, und damit kommen Sie in der Justiz nie durch, und zum anderen lassen Sie Passagen aus meinem Post unerwähnt, was nicht zulässig ist.

Die §§ 823, 1004 sind ganz weitläufige Paragraphen. § 823 z.B. hier:http://www.jurawelt.com/sunrise/media/mediafiles/14223/haftungstatbestand823.pdf. Da müssten Sie schon präziser werden und auch den entstandenen Schaden, den Sie zu erkennen glauben, genau benennen. Hier gleich ein heisser Tip von mir, werter Herr Manfred J. Mit §§xxx ff, und die Betonung liegt auf ‘ff’, geben Sie gleich zu erkennen, dass Sie mit lauwarmem, sehr lauwarmem, Wasser kochen. Mit anderen Worten, Sie sind von Ihrer Rechtsabteilung nicht gut beraten worden. Was sagen Sie zum § 186 STGB und § 187? Könnte einer von diesen auch Anwendung finden? Mehr dazu, wenn wir uns vor Gericht sehen und in meinem nächsten Post.





Was mir momentan jedoch viel wichtiger erscheint, ist der Umstand, dass beide Blogposts nicht Sie, sondern zwei Damen ansprechen. Lassen Sie doch die Damen für sich selber sprechen. Sie verhalten sich tölpelhaft. Sie müssen sich mehr konzentrieren und Dinge zunächst durchdenken. Es wirft ein unangenehmes Licht auf beide Damen, wenn Sie das chronologische Vorgehen anscheinend nicht beherrschen und übereifrig vorpreschen. Es erweckte in mir den Eindruck, beide Damen könnten sich nicht selber ausdrücken. So etwas tut man nicht, Herr Jäger. Meine Chevalerie verbietet mir das.

Dies hatten Sie nun erkannt, als ich Tage später drei Einschreiben/Rückschein Briefe mit dem personenspezifischen Inhalt von Martina Musati, Michaela Englmaier und Ihnen zugestellt bekam. Zumindest die beiden Schreiben der Damen, zu 92 bis 97% kopiert im Übrigen, machten Sinn; Ihrer hingegen war unsinnig.  Er wurde mir am 17.8.12 erstmals zugestellt und setzt eine Takedown Frist zum, jawoll, 17.8.12!

Mir ist vor ein paar Jahren schon einmal vom AA Hannover eine Klage angedroht worden wegen einer Internetveröffentlichung. Wie zu erwarten erfolgte keine Klage, denn offensichtlich war meine juristische Begründung ausschlaggebend.

Lenken Sie Ihr interessiertes Engagement auf folgende Veröffentlichungen, bevor Sie stümperhaft mit Paragraphen um sich werfen, die ohnehin nicht von Ihnen stammen, sondern von ihrer amateurhaften Rechtsabteilung:

- BGH NJW 2005, 592; Palandt-Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 87, 118 m.w.N.

http://www.aufrecht.de/urteile/wettbewerbsrecht/urteile-2007/kein-eingriff-in-das-persoenlichkeitsrechts-des-anwalts-durch-ungeschwaerztes-urteil-im-internet-olg-hamm-urteil-vom-11122007-az-4-u-13207.html

Sehr zu empfehlen ist auch diese Lektüre, sofern es Ihnen nicht an der notwendigen Zeit gebricht:
http://www.ipwiki.de/grundrecht:meinungsfreiheit

weiters z.B. hier:
http://www.ipwiki.de/grundrecht:schranken_der_meinungsfreiheit

vergessen sei auch dies hier nicht:
http://www.ja-aktuell.de/root/img/pool/archiv/2000/aufsatz/ja_7-2000-602_schutz-gegen-tatsachenbehauptungen-und-meinungsaeusserungen_kohler-gehrig.pdf

Exzerpt: “Meinungsäußerungen vor Gericht genießen in besonderem Maße den Schutz des §193 StGB zur wirkungsvollen und ungehinderten Interessenwahrnehmung. Eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte sind statthaft.”

“Der Schutz umfasst selbst scharfe und verletzend formulierte Ansichten.”

Ganz wichtig:
“Auch sonst darf nicht vom Kommunikationszusammenhang abgesehen werden.”

“Den geringsten Schutz genießt eine Person in ihrer Sozial- und Öffentlichkeitssphäre. In diesem Bereich nimmt sie am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben teil, präsentiert sich der Öffentlichkeit und wird von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Eigenes Verhalten des Betroffenen und seine Stellung in der Öffentlichkeit vermögen ein erhöhtes Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über die Person und ihre Verhältnisse zu begründen.”

Und hier, insbesondere Punkt 4:
http://www.streit-fem.de/media/documents/1264354998.pdf?PHPSESSID=pitqc59osuda58guq5r01rlbv4

http://www.staff.uni-marburg.de/~mand/Materialien/Pruefungsschemata.pdf

Exzerpt: “Maßgebend ist vor allen, inwieweit sich der Schädiger auf die Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und/oder die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG berufen kann.”

Sie müssen unterscheiden zwischen der Intim- und Privatsphäre und der Individualsphäre. “Eine wahre Tatsachenbehauptung bedeute regelmäßig keine Verletzung der Individualsphäre.”
siehe z.B. http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20000223_1bvr158294.html

Falls Sie mit der delektierlichen Lektüre nachgekommen sind, hier noch ein Bonmot: wir haben seit etlichen Jahrzehnten eine Demokratie mit einer recht ansprechend funktionierenden Justiz und Rechtsprechung. Lassen Sie doch besser einen Richter urteilen, denn wir vermeiden dann solche ridikülen Rundumschläge wie den unter Punkt 4, Seite 2 als auch Ihre angedrohte Vertragsstrafe in Höhe von €10.000. Wieso nicht €15.000 oder €25.000?



Ich fordere Sie auf, verklagen Sie mich wegen Beleidigung, übler Nachrede, geschäftsschädigenden Verhaltens, Drangsalierung von Strassenkötern mit Wiederholungsgefahr sowie nonkonformen Verspeisens von Sushi mit Messer und Gabel in der Öffentlichkeit.

Sämtliche Blogposts werden in voller Länge und vollinhaltlich auf dem Internet bleiben! Mit einer Ausnahme, dem Komma von Oscar Wilde: “I was working on the proof of one of my poems all the morning, and took out a comma. In the afternoon I put it back again.”

Mit vorzüglicher Hochachtung,

—————–

Disclaimer:
Ich warne Sie, mein geschätzter Monsieur Manfred Jäger (Manfred Jaegère en Français), usurpieren Sie keines meiner falsch gesetzten Kommata! Ich besitze Urheberrecht auf sämtliche Interpunktionsfehler und setze dies mit der vollen Schärfe des Gesetzes durch und werfe auch mit Marshmallows um mich.

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