A negative judgment gives you more satisfaction than praise,
provided it smacks of jealousy.
provided it smacks of jealousy.
Jean Baudrillard
cc an: FAZ, SZ, Focus, Bild, Welt, Spiegel, TAZ
Jobcenter Mitarbeiter & GFerin
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RE. Artikel in der FAZ vom 26.12.2012 “Arbeitsagentur-Chef Weise - Selbständige sollen seltener Hartz IV bekommen“
Sehr geehrter Herr Weise,
Sie und/oder die FAZ hatten bedauerlicherweise beim Timing dieses Artikels ein nicht gerade glückliches Händchen. Ich verifizierte zwei mal das Datum der Publikation in einer Gazette dieses unseres Landes (ist dieser Doppel-Genitiv grammatikalisch richtig?); allein, ich blieb stecken bei der Weihnachtszeit.
Obwohl ich tief gläubiger und bekennender Agnostiker bin, so vermag ich mich noch düster an jene inspirierenden Momente in meiner Vorpubertät zu erinnern (es war genauer gesagt die Trix Eisenbahn Zeit), da uns ein Kindlein aus, na ja, fragwürdigem Umfeld geboren wurde, sich dann aber nach etlichen, auf jugendliche Frivolität zurückzuführende Eskapaden, schlussendlich doch zu einer durchaus respektablen Filmkarriere als Protagonist Brian zu etablieren verstand.
Justament in dieser Zeit der Besinnlichkeit schickten Sie sich an, die Gläubigen mit Weltlichem der unteren Provenienz zu bescheren. Unter dem Titel ‘Selbständige sollen seltener Hartz IV bekommen‘ fanden Sie ein dankbares Repositorium bei der FAZ. Nach der Lektüre war mir klar – es waren lediglich 36 läppische Zeilen … ist das Qualitätsjournalismus gar noch mit Leistungsschutzrecht garniert, FAZ??? -, Sie sind ein absoluter Advokat von Tom Peters: “The best leaders… almost without exception and at every level, are master users of stories and symbols.” Und erinnern wir uns nicht noch beide, wie wir lüstern “In Search of Excellence” gelesen haben?!
Dennoch, hätten Sie Ihr Timing ein wenig friktionsfreier gestaltet, die Ökumene wäre Ihnen dankbar gewesen, und ich kann hier immer wieder nur Ovid anführen: “Take a rest. A field that has rested yields a beautiful crop.” Finden Sie nicht auch, dass dies gar so wunderbar zu dem Sujet Ihres Artikels in der FAZ passt? Eccoci!
Den Optimismus und die Erwartungshaltung dämpfend, sehe ich mich jedoch geneigt, ein Bedenken anzubringen, insofern als Sie mir, aufgrund Ihrer bisherigen Tätigkeiten nicht gerade als der Posterboy für Auslassungen über selbständige Tätigkeiten erscheinen. Jedenfalls kann ich bei Wikipedia nichts erkennen, was hier der Hoffnung Flügel verleihen könnte. Fletzen Sie doch eher gut situiert auf einem Pöstchen mit recht ansprechender Dotation, das zu erreichen ein gut Ding an (a) Sitzfleisch, (b) adäquat opportuner Meinungskundgabe als auch Enthaltung derer, sowie (c) ein farblich passendes Parteibuch als alleinige Kriterien bedingen. Das sind zwar allesamt keine schlechten Voraussetzungen und auch noble Achievements, so total mission-critical für Selbständige sind sie aber nicht und bringen allenfalls IMHO die halbe Miete ein. Und da ich Gentleman bin, decke ich über Ihre damalige Firma ML den Mantel der Omerta… Di niente.
Sie werden sicherlich Ihre empirisch belegbaren Erfahrungen mit dem Jobcenter haben, so wie ich meine empirischen Erfahrungen mit der Firma habe, und da wir uns im Zeitalter der Sozial Networks befinden, warum sharen wir nicht etwas?
Bevor ich mich Ihrem geschätzten Artikel, der mir, der ich das Verbose liebe denn doch etwas mikrosomisch erscheint, zuwende kurz etwas zu mir: Ich habe lange Zeit in Asien gelebt in einem der ärmsten und korruptesten Länder der Erde. Betrügereien, Übervorteilungen etc. sind Teil des Umgangs bis hinein in die eigenen Familien und unter Brüdern. Es sind aber meist Betrügereien und Bescheissereien der kruden Art, die zuweilen einer gewissen Komik nicht entbehren, so dass man bald schon auf die Nächste gespannt ist, um sich hernach bei Freunden dies erzählend schallend lachend auf die Schenkel schlagen kann. Was es allerdings nicht gibt sind Hinterlist, intrigantes Nachstellen, Back stabbing oder perfide Komplotte. Dies also im Gegensatz zum Jobcenter.
Da es in Ihrem Artikel um Selbständigkeit geht hier ein Teil meiner Vita in Asien: Ich war Man. Dir. eines $ 350.000 Joint Venture. Einer unserer Investoren war ex-Finanzminister unter dem damaligen König. Ich muss es also irgendwie geschafft haben, diesen Herren zu überzeugen. Nach 20 Monaten stieg ich aus und retrospektiv war das Timing exzellent; ich war hernach in der Internet Stock Bubble nicht ganz so glücklich, but hey, that’s fucking life. Ich denke also, ich komme beim Thema Selbständigkeit nicht völlig auf der intellektuellen Brennsuppe daher geschwommen.
Bei der Lektüre Ihres Artikels hatte ich einen McLuhan Moment: Ich würde es nicht gesehen haben, wenn ich es nicht geglaubt hätte. Mich dünkte zuweilen auch, einem Baudrillardschen Simulacrum beizuwohnen. Ihre Darstellungen greifen einfach zu kurz.
Sie konstatieren da “Fehlentwicklungen” und fahren fort “… ein Teil des Einkommens wird selbst erwirtschaftet, der andere Teil wird mit Hilfe der staatlichen Grundsicherung abgedeckt. Das kann nicht sein.“
Gut, abgesehen davon, dass Sie zum Thema Vaporisierung von Aktionärskapital auch Erfahrung haben, kann aber vielleicht DAS sein: dass das JC sofort Gewinne abzieht, also an seine EIGENE Grundsicherung denkend somit das Betriebskapital des HartzIV Empfängers auf Null drückt und damit jegliche Geschäftstätigkeit zum Erliegen kommt? Ist das nicht eher das Business-Modell des JC und haben sie das nicht beeindruckend mit dem EKS Formular, das ultimativ der Bilanzfälschung zum Vorteil des JC beihilft, belegt? Fälle, die auf den Intertuben leicht zu finden sind und nicht zu knapp.
Es stellt sich ausserdem die Frage für jeden, der halbwegs etwas von Ökonomie versteht und das schliesst a priori jeden Jobcenter Mitarbeiter aus, ob bei den Vorabzügen mittels EKS die Opportunitätskosten bedacht worden sind oder geht es vielleicht um Self-Fulfilling Prophecy?
Sie wollen weiters “stärker die Schlüssigkeit des Geschäftsmodells überprüfen”. Nobel, aber mich beschleicht das Gefühl, Sie wissen nicht um das Procedere bei gewissen JCs. Meine – und jetzt festhalten! – INTEGRATIONSFACHKRAFT, also nicht lediglich eine Integrationskraft, sondern FACHlich prädestiniert, hat meinen Biz Plan erst gar nicht zur Prüfung an die in der Eingliederungsvereinbarung (und das ist notabene ein Vertrag!) genannte Unternehmensberatung des JC München weitergereicht. Es hat offensichtlich niemanden beim JC interessiert.
Und es wäre nicht das verlogene JC München, das nun in einem Antwortschreiben an meinen Anwalt wider besseren Wissens behauptet, ich hätte überhaupt nie einen Biz Plan geschickt!
Wie passt es zu dem Tenor des Propaganda-Artikels der FAZ, der ja HartzIV Empfängern faule Lümmelei im Sozialnetz vorwirft, dass mein Anwalt nun eine
UNTÄTIGKEITSKLAGE gegen das JOBCENTER München
eingereicht hat? Ist das nicht ein veritabler Treppenwitz! Nicht genug damit. Die Antwort des Jobcenters ist ein komplettes Fabrikat und inhaltlich zu 100% erlogen. Das ist eine respektable Leistung. Kudos!
Es braucht Zeit, um etwas aufzubauen. Haben Sie z.B. schon von Munich Composites gehört? Haben Sie sich schon einmal deren Geschäftsentwicklung angesehen, also wie z.B. nun endlich eine Carbonspindelmaschine erstanden werden konnte (ja genau, das ist ein FTD Artikel – RIP)? Nein, nun das wäre eine Gelegenheit, um exemplarisch den Verlauf eines Geschäftsaufbaus zu studieren. Mit Parteibuch kommt man im Carbon-Business nicht weiter, da sorgen schon Taiwan und China dafür.
Warum sagen sie nicht beim Jobcenter denjenigen, die sich selbständig machen wollen: ‘Kinners, wir schätzen das und wir bieten euch, jede Menge Knüppel in den Weg zu werfen. Wir arbeiten mit dubiosen Unternehmen und Versicherungsfritzen zusammen und ermöglichen euch den zukunftsweisenden Weg in die Verschuldung nebst eurer Freunde als Bürgen. Wir antworten nicht auf Emails. Wir tricksen mit dem EKS-Formular, behalten alle Einahmen abzüglich eines Minimalfreibetrages ein und drücken euch damit dahin, wo wir euch haben wollen: in die Abhängigkeit vom JC und dann ab in die Billigjobs. Denn Deutschland hat kein anderes Business Modell. Daneben bieten wir euch feinstes Entertainment mit geistigen Ectomorphen des Jobcenters, die euch an der Validität der Darwinschen Theorie zweifeln lassen. Internetgebrauch in der Jobvermittlung verbieten wir auch, denn ihr seid Dalits für uns. Schlussendlich kompromittieren wir euch in der Öffentlichkeit in der Form des Sedimentär-Journalismus.’ Ich weiss auch nicht, auf welchen Promille-Level ich mich saufen müsste, um eine Unternehmensfinanzierung zu 9% abzuschliessen.
Fazit, mein geschätzter Herr Weise: Ich habe in all den Jahren in Asien, ja wahrscheinlich sogar in meinem ganzen Leben, noch nicht so viele niederträchtige und verlogene Menschen kennen gelernt wie beim Jobcenter München im Jahre 2012 innerhalb weniger Monate und keine Konkurrenzfirma würde mit solch hinterlistigen Mitteln agieren wie das JC. Mein grösster Fehler in der Biz Planung war, die Kosten für einen Anwalt für Klagen gegen das JC München nicht einkalkuliert zu haben. Darauf dürfen Sie stolz sein.
Wohlfeile Meinungsmache hat immer Konjunktur, doch bedenken Sie,
“In the midst of movement and chaos, keep stillness inside of you.” – Deepak Chopra.
Mit besten Grüssen
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