Christoph Butterwegge „Hartz IV und die Folgen" des gelobten Exportsurplusses
Flassbeck stellt kryptisch das neue Buch von C. Butterweiche vor. Dort heisst es u.a.:
Zwar ist derzeit kein Faschismus wie damals zu befürchten, aber die Agenda 2010 der SPD mit der Schaffung eines breiten Billiglohnsektors und einer Dichotomisierung der Gesellschaft muss massgeblich als wesentliche Teilursache für die anhaltende Wirtschaftskrise in der EU und der katastrophalen Arbeitslosigkeit in den Club Med Ländern gesehen werden.
Hartz IV ist ein Billiglohn-Krieg gegen die eigene Bevölkerung und andere EU Staaten. Hartz IV schafft pan-europäische Unsicherheit und Animositäten. Nicht zu vergessen, ist Europa nicht gerade sicherer geworden in den letzten Jahren.
Deshalb sei hier FA Hayek erwähnt und dies fehlt mir bei Butterwegge. In 'The Socialist Roots of Naziism' Hayek schrieb:
Das Buch ist in acht Kapitel gegliedert. Es beginnt mit einem besonders lesenswerten historischen Rückblick in die Entwicklung der Sozialgesetzgebung während und nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik. Besondern lesenswert deswegen, weil es die erschreckenden historischen Parallelen der Ersetzung des Versicherungsprinzips durch das Fürsorgeprinzip in der Sozialversicherung zwischen damals und heute nachzeichnet. Die Namensgleichheit eines damaligen Kritikers des Wohlfahrtsstaates, Gustav Hartz, mit dem VW-Personalvorstandsmitglied Peter Hartz, dessen Namen mit der heutigen Sozialgesetzgebung verbunden wird, erscheint dabei als kurioses, aber menetekelhaftes Detail.Ich habe sein Buch nicht gelesen, wohl aber sein PDF 'Hartz gestern - Hartz heute' in dem er auf einen Vorgänger aus der Weimarer Republik des heutige Eponyms Hartz eingeht. Es beginnt mit der kurzen Vorstellung von Gustav Hartz.
Schon bevor die Weltwirtschaftskrise 1929/32 das Sozialsystem der Weimarer Republik bis ins Mark erschütterte, traten Kritiker des Wohlfahrtsstaates auf den Plan, die seine Leistungsfähigkeit in Zweifel zogen und – ganz ähnlich wie heute – statt öffentlicher Verantwortung für die Hilfesuchenden mehr Privatinitiative forderten. Einer davon hieß – man höre und staune – Gustav Hartz, gehörte der DNVP an und war 1924 für ein paar Monate Reichstagsabgeordneter. Im Dezember 1928 erschien sein Buch „Irrwege der deutschen Sozialpolitik und der Weg zur sozialen Freiheit“, das Furore machte, häufig rezensiert und heftig kritisiert wurde.Die DNVP war eine deutsch-nationale Partei, antisemitisch und pro-monarchisch.
In seinem Buch stellte Gustav Hartz (1928: 18) viele Fragen, die heute neoliberalen Kritikern des Sozialstaates auf den Nägeln brennen, auch wenn er noch nicht dieselben Antworten (z.B. Einführung der Praxisgebühr) wie sie gab: „Geht man nicht bedenkenlos ein dutzendmal zum Arzt, wenn einmal genügte – nur weil es die Kasse bezahlt?“ Hartz sah überall „Faulenzer und Drückeberger“ den Sozialstaat plündern, für die „kein denkender Arbeiter einen Pfennig Arbeitslosenbeiträge bezahlen“ (ebd.: 80) wolle. Überhaupt stelle der damals gerade erst geschaffene Versicherungszweig für die Lohnarbeiter „kein gutes Geschäft“ (ebd.: 81) dar. Um „den Mißbrauch der ungerechten und unnötigen Inanspruchnahme“ unterbinden zu können bzw. „asoziale Elemente“ (bei Hartz in Anführungszeichen) nicht mehr „auf allgemeine Unkosten reisen“ zu lassen, wollte Gustav Hartz (1929: 21) die Hilfe auf Bedürftige konzentrieren, was er sozialdarwinistisch begründete: „Eine soziale Politik darf nicht mit der Sorge um die Kranken, Invaliden, Witwen, Waisen und Arbeitslosen die Förderung der Lebenstüchtigen, Leistungsfähigen und Arbeitenden vergessen.“Im weiteren Verlauf deckt Butterwege immer wieder Parallelität zu heutigen Zeitgenossen auf wie z. B. den Ökonomen HW Sinn (Prof. Unsinn):
Zudem hielt Hartz (1928: 137 f.) eine „Höherbesteuerung der Ledigen und Kinderlosen“ für sinnvoll, die zu fordern man nicht wage, weil „der Mut zu einer positiven Bevölkerungspolitik“ fehle. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München, setzt heute gleichfalls auf eine aktive Bevölkerungspolitik zur Problembewältigung:
...
Um dieses Ziel zu erreichen, will Sinn die Fertilitätsrate mittels finanzieller Anreize für Familien, aber auch mittels gezielter Sanktionen für Kinderlose steigern. Sinn empfiehlt die Staffelung von Altersrenten nach der Kinderzahl und eine Rentenkürzung für Kinderlose auf die Hälfte der „normalen“ Höhe: „Wer keine Kinder hat und insofern zu wenig tut, um seine eigene Rente im Umlagesystem zu sichern, muss die Konsequenzen tragen und selbst auf dem Wege der Ersparnis für Ersatz sorgen.“ (ebd.: 393) 75 Jahre vorher schrieb Gustav Hartz (1928: 138) ganz ähnlich klingende Sätze, die – dem damaligen Zeitgeist entsprechend – mehr Pathos enthielten:Auf Seite 5 heisst es mit verblüffend ähnlichem Tenor der heutigen Zeit:
Die unternehmernahe DVP bestand auf einer Kürzung von Leistungen, wohingegen die SPD-Fraktion im Unterschied zu ihrem Reichskanzler Hermann Müller nur eine Anhebung der Beiträge (damaliger Satz: 3,5 Prozent) unterstützte. In heutiger Diktion würde man sagen, dass die Beitragssatzstabilität bei den bürgerlichen Koalitionären absolute Priorität genoss, weil die Erhöhung der Lohnnebenkosten verhindert und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht gefährdet werden sollte.Und ganz zeitnah hier:
In der ersten Verordnung des Reichspräsidenten „zur Behebung finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände“, die einen Monat nach Auflösung des Parlaments am 26. Juli 1930 erlassen wurde, ergänzten sich Steuererhöhungen einerseits sowie Leistungskürzungen im Bereich der Arbeitslosen- und Krankenversicherung andererseits. Obwohl das zuständige Reichsarbeitsministerium noch einen weiteren Ausbau der Krankenversicherung vorgeschlagen hatte, dominierten „Sparbemühungen“, die eine Mehrbelastung der Versicherten durch eine Krankenscheingebühr und einen Arzneimittelbeitrag hervorbrachten (vgl. ebd.: 472). Eine weitere Notverordnung vom 1. Dezember 1930 beinhaltete u.a. eine Erhöhung der Tabaksteuer, während die Vermögen-, Grund- und Gewerbesteuer gesenkt wurden.Dies sind alles frappante Similaritäten und der Zufall der Namengleichheiten bietet genügend Garn. Jedoch denke ich hätte Butterwegge gut daran getan, auch auf die damaligen sozialistischen Strömungen hinzuweisen, um die Parallelität zur heutigen Sozialdemokratie zu beleuchten.
Zwar ist derzeit kein Faschismus wie damals zu befürchten, aber die Agenda 2010 der SPD mit der Schaffung eines breiten Billiglohnsektors und einer Dichotomisierung der Gesellschaft muss massgeblich als wesentliche Teilursache für die anhaltende Wirtschaftskrise in der EU und der katastrophalen Arbeitslosigkeit in den Club Med Ländern gesehen werden.
Hartz IV ist ein Billiglohn-Krieg gegen die eigene Bevölkerung und andere EU Staaten. Hartz IV schafft pan-europäische Unsicherheit und Animositäten. Nicht zu vergessen, ist Europa nicht gerade sicherer geworden in den letzten Jahren.
Deshalb sei hier FA Hayek erwähnt und dies fehlt mir bei Butterwegge. In 'The Socialist Roots of Naziism' Hayek schrieb:
The doctrines which had guided the ruling elements in Germany for the past generation were opposed not to the socialism in Marxism but to the liberal elements contained in it, its internationalism and its democracy. And as it became increasingly clear that it was just these elements which formed obstacles to the realization of socialism, the socialists of the Left approached more and more to those of the Right. It was the union of the anticapitalist forces of the Right and of the Left, the fusion of radical and conservative socialism, which drove out from Germany everything that was liberal.
The war hysteria of 1914, which, just because of the German defeat, was never fully cured, is the beginning of the modern development which produced National Socialism, and it was largely with the assistance of old socialists that it rose during this period.
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