8/04/2015

Jobcenter München Mitarbeiter Jean-Marc Vincent zum "Schleimerschmarotzerpack" standesrechtlich zu erheben ...

Aus der beliebten Serie 'Deutschland und sein lächerlichstes Gesetz oder wie unterdrücke ich freie Meinungsäusserung'.

dürfte erstens zur allgemeinen Erheiterung beitragen und fünftens, dem BGH, Urteil vom 7. 12. 1999 - VI ZR 51/99; OLG Karlsruhe; LG Waldshut-Tiengen zufolge sich gar mehr noch zum absoluten Brüller etablieren

Zur Abgrenzung zwischen Satire und Schmähkritik. Urteil zu angeblicher Beleidigung "Schleimerschmarotzerpack".

Manege auf und Auszug aus dem Urteil:


[5] Tatbestand: Die Klägerin, die bis Ende 1993 als Sachbearbeiterin im Straßenbauamt der Stadt B. S. im Bereich des Vertrags- und Vergabewesens tätig war, bis Mitte 1995 kommunalpolitische Parteiämter innehatte und seit 1989 ehrenamtliche Vorsitzende eines Vereins zur Drogenbekämpfung ist, nimmt die Beklagte als Verlegerin und Herausgeberin des S.-Kuriers sowie des H.-Anzeigers wegen unzulässiger Berichterstattung auf Schadensersatz in Anspruch. Die Staatsanwaltschaft F. hatte im Oktober 1996 gegen die Klägerin ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsnahme und Bestechlichkeit eingeleitet, weil bei der Durchsuchung der mit Straßenmarkierungsarbeiten befaßten Firma R. in L. u. a. ein an die Klägerin gerichteter Überweisungsbeleg gefunden worden war. Nach Durchsuchung der Privatwohnung der Klägerin und des Straßenbauamts in B. S. am 8. Oktober 1996 berichtete der S.-Kurier nach Kontaktaufnahme mit der Klägerin am 10. Oktober 1996 auf der Titelseite unter der Überschrift "Behörde unter Verdacht" ohne Namensnennung sowie im Leitartikel des Lokalteils mit Nennung des Namens der Klägerin unter der Überschrift "Ex-Mitarbeiterin unter schwerem Verdacht" über das Ermittlungsverfahren, wobei jeweils auch Spenden der Firma R. an den von der Klägerin geleiteten Verein erwähnt wurden. Am 11. Oktober 1996 erwirkte die Klägerin eine am 12. Oktober 1996 zugestellte einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten verboten wurde, über das Ermittlungsverfahren unter Nennung ihres Namens zu berichten. Über das Verfahren berichtete am 11. Oktober 1996 auf Veranlassung der Klägerin ein anderes Lokalblatt unter Nennung des Namens und Veröffentlichung eines Interviews der Klägerin mit deren Foto. In einem weiteren Artikel dieser Zeitung vom 12. Oktober 1996 heißt es, die Ermittlungen liefen nun in eine andere Richtung, da ein Prokurist der Firma R. in Verdacht stehe, fingierte Überweisungsbelege zur Vertuschung einer Unterschlagung gefertigt zu haben. Am 16. Oktober 1996 erschien im H.-Anzeiger in der Rubrik "Sticheleien von Horaz" folgende Veröffentlichung:
[6] "Wir, G. A., sind persönlich von Ihrer Unschuld überzeugt! Daß eine L. Firma im Auftrag Ihres a. D.-Amtes Straßenmarkierungsarbeiten am Hochrhein durchführte und gleichzeitig eine Spende an Ihren Drogen-Verein … pardon, natürlich "ANTI-Drogen-Verein" … überwies wer mag da nicht an Zufall glauben? Wir tun´s!
[7] Weil: Wer wie Sie uneigennützig bis ins Letzte ist, tut nie und nimmer Böses! Da geht bei uns nix! Da simmer voll auf Ihrer Seite! Was wir Ihnen, G. A., deshalb raten wollen: Hüten Sie sich vor Leuten, die Ihnen aufrichtigen Trost in dieser schweren Zeit spenden, die auf Ihrer Seite stehen, die Ihnen nix Böses zutrauen und erstmal den Ausgang der Ermittlungen abwarten wollen. Schleimerschmarotzerpack!"
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[39] cc) Die Revision rügt ferner mit Recht, daß das Berufungsgericht auch beim zweiten Teil der Glosse den Aussagegehalt nicht zutreffend erfaßt und insbesondere den Sachbezug nicht erkannt hat. Hierbei geht es um den Ratschlag an die Klägerin, sich vor Personen zu hüten, die ihr "aufrichtigen Trost in dieser schweren Zeit spenden, die auf Ihrer Seite stehen, die Ihnen nix Böses zutrauen, und erst mal den Ausgang der Ermittlungen abwarten wollen". Damit richtet sich die Glosse erkennbar gegen solche Personen, die schon jetzt ohne nähere Prüfung der Vorgänge nach außen für die Klägerin Stellung nehmen, tatsächlich aber den Ausgang der Ermittlungen abwarten wollen und wegen dieser Haltung vom Verfasser als "Schleimerschmarotzerpack" bezeichnet werden. Zu dieser Wortschöpfung hat das Berufungsgericht zwar zutreffend erkannt, daß sie sich nicht auf die Klägerin selbst bezieht. Soweit es sie gleichwohl als deren Herabwürdigung bewertet, weil sich aus einer solchen Bezeichnung der ihr nahestehenden Personen ergebe, wie tief die Klägerin gesunken sei und daß sie im Grunde allein dastehe, ist dies schon vom Aussagegehalt der Äußerung her nicht naheliegend und verstößt zudem gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze. Insoweit wurde schon oben (A 1 b bb) darauf hingewiesen, daß, wenn mehrere sich nicht gegenseitig ausschließende Deutungen des Inhalts einer Äußerung möglich sind, der rechtlichen Bewertung diejenige zugrunde zu legen ist, die dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt (BVerfG, NJW 1995, 3303, 3305; Senatsurteil vom 16. Juni 1998 (aaO)). Zwar braucht das Gericht insoweit nicht auf entfernte oder gar abstrakte Deutungsmöglichkeiten einzugehen, die in den konkreten Umständen keine Anhaltspunkte finden. Lassen Formulierungen oder Umstände jedoch eine nicht ehrenrührige Deutung zu, so verstößt ein diesen Grundsatz mißachtendes Verständnis des Aussagegehalts gegen Art. 5 Abs. 1 GG (BVerfG aaO). Das ist hier der Fall.
[40] Es kann dahinstehen, ob mit der fraglichen Bezeichnung, wie die Revision dies nahelegen will, als eigentliche Zielgruppe die der Klägerin nach Meinung des Verfassers der Glosse "willfährige Lokalredaktion des Konkurrenzblattes" gemeint ist, die durch ihr Eintreten für die Klägerin ("Schleimer") die Erhöhung ihrer Auflage angestrebt und dadurch "schmarotzt" habe. Jedenfalls richtet sich der zweite Teil der Glosse nach Sinn und Wortlaut ausschließlich gegen die Parteigänger der Klägerin, die vom Verfasser wegen ihrer unkritischen Haltung zum Ermittlungsverfahren kritisiert werden.
[41] Bei dieser Würdigung des Aussagegehalts ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts deutlich erkennbar, welcher kritischen Auseinandersetzung in der Sache die Glosse dienen soll, nämlich der Warnung davor, sich schon vor dem Abschluß der Ermittlungen vorschnell auf die Seite der Klägerin zu stellen.
[42] 3. Erweist sich die Glosse mithin nicht unter dem Blickpunkt der Schmähkritik als unzulässig, sondern fällt sie vielmehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG, so bedarf es einer Abwägung mit dem gleichfalls grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Diese Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf. Sie führt zum Ergebnis, daß die Äußerung nicht rechtswidrig ist und schon deshalb die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht in Betracht kommt.
[43] a) Nach Lage des Falles kann nämlich das Persönlichkeitsrecht der Klägerin sowohl vom Aussagegehalt her als auch wegen des oben dargestellten Sachbezugs der Glosse keinen Vorrang vor dem Grundrecht der Meinungsfreiheit genießen. Maßgeblich hierfür ist, daß sich die satirische Veröffentlichung nach ihrem Aussagekern weitgehend gar nicht gegen die Klägerin selbst richtet und auch die satirische Einkleidung sich im zulässigen Rahmen bewegt. Soweit die Glosse Zweifel an der Unschuld der Klägerin zum Ausdruck bringt, muß dies im Hinblick auf den oben (A) dargelegten Stand des Ermittlungsverfahrens als Meinungsäußerung zulässig sein, zumal in tatsächlicher Hinsicht die Grenzen der Verdachtsberichterstattung nicht überschritten werden.
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