Es gibt aber z.B. einen angenehmen Unterschied: Man darf den Gerichtssaal auch mit Gürtel in der Anzughose betreten.
Ein Münchener Rechtsanwalt erhob 2015 eine Anhörungsrüge zum OLG München und verwendete darin auch folgende Passage:
„Der Unterschied zwischen Ihnen und Roland Freisler liegt in Folgendem: Während Roland Freisler im Gerichtssaal schrie und tobte und überhaupt keinen Wert darauf legte, das von ihm begangene Unrecht in irgendeiner Weise zu verschleiern, gehen Sie den umgekehrten Weg: Sie haben sich ein Mäntelchen umgehängt, auf dem die Worte „Rechtsstaat“ und „Legitimität“ aufgenäht sind. Sie hüllen sich in einen Anschein von Pseudolegitimität, die Sie aber in Wahrheit in keiner Weise für sich beanspruchen können. Denn in Wahrheit begehen Sie – zumindest in diesem vorliegenden Justizskandal – genauso schlicht Unrecht, wie es auch Roland Freisler getan hat. So betrachtet ist das Unrecht, das Sie begehen noch viel perfider, noch viel abgründiger, noch viel hinterhältiger als das Unrecht, das ein Roland Freisler begangen hat: Bei Roland Freisler kommt das Unrecht sehr offen, sehr direkt, sehr unverblümt daher. Bei Ihnen hingegen kommt das Unrecht als unrechtmäßige Beanspruchung der Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie daher: Sie berufen sich auf die Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, handeln dem aber – zumindest in dem vorliegenden Justizskandal – zuwider.“
Roland Freisler gilt als bekanntester und zugleich berüchtigtster Strafrichter im nationalsozialistischen Deutschland. Er war verantwortlich für etwa 2600 Todesurteile. Viele seiner Prozesse waren reine Schauprozesse, bei denen das Urteil bereits vorab feststand. Beispielhaft dafür sind der 1943 unter Freislers Vorsitz geführte Prozess gegen die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, in dem er die Geschwister Hans und Sophie Scholl neben anderen zum Tode verurteilte, sowie die Prozesse gegen die Verschwörer des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944. Roland Freisler gilt als ein personifiziertes Beispiel für die Rechtsbeugung der Justiz im Dienst des NS-Regimes.
Der Dienstvorgesetzte des betroffenen Senats erstattete Strafanzeige, das AG München verurteilte den Anwalt zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen wegen Beleidigung (Az. 842 Ds 235 Js 132863/15). Das LG München hielt dieses Urteil aufrecht (Az. 22b Ns 235 Js 132863/15). Das OLG München sprach den Anwalt nun aber gemäß § 353 I, 354 I StPO frei (Az. 5 OLG 13 Ss 81/17), nachdem das Verfahren zwischenzeitlich durch das OLG an das LG zurückverwiesen wurde (Az. 5 OLG 13 Ss 244/16) und eine andere Kammer des LG die Verurteilung erneut aufrechterhalten hatte (Az. 24 Ns 235 Js 132863/15 (2)).
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