Flashback |
Ein gestandener Hartz 4 Rezipient lechzt nach einem, nach Selbstbestätigung. Nach Selbstbestätigung, dass es ihm schlecht geht, dass es ungerecht zugeht, die Verteilung ungleich ist und Joe Ackermann ...
Damit ist für einen Author vom Schlage Laurent Joachim das Rezept vorgegeben: diese Urgemütslage, diese urdeutsche klagende Disposition gilt es zu kitzeln, zu erregen, zu befriedigen und zu bestätigen, damit es schlussendlich unserem gestandenen Hartz 4ler nolens volens gut geht. Stöhnenderweise natürlich. Und adaptiert.
Also schickte sich freischaffender und engagierter Journo Laurent an, das 83,7te Buch über Hartz 4 in Pixelform zu bringen. Jedem halbwegs normalen Menschen wird es nach dem 15. Pornovideo langweilig; beim Thema Hartz herrscht Dauerkonjunktur.
Laurent erfuhr auch die Ehre, für den deutschen Boulevard Investigativo Günni Wallraff ein Vorwort zu komponieren. Wallraff, der die Sprosse zum Echauffierungs-Porno Produzenten beim Prolli-Sender RTL erklommen hat.
Das Inhaltsverzeichnis im 'Infotext-multilink' Pdf lässt keine Behandlung der Gründe für Hartz 4 erkennen, dafür scheint es auf konsternierende Episoden von Bangladesh-ähnlichen Selbsterfahrungsexempeln aus den Gruften des deutschen Unternehmertums hinzudeuten. Dafür wird er woanders von einem Labournet Interviewer dann gedeckelt, denn schliesslich sei die Beschäftigungslage doch glänzend. Also nicht viel neues. Stattdessen heisst es dort u.a.:
"Das Prinzip der Wohlstandsökonomie im Dienste aller Bürger wird zunehmend abgelöst, damit die unverschämten Ansprüche von wenigen bedient werden können. Partikularinteressen werden wider besseres Gewissens und wider des Gemeinwohls durchgesetzt."Das ist im besten Fall nebulös, denn eine Wohlstandsökonomie im Dienste aller Bürger hat es nie gegeben. Diese hat ein
Dass SPD Mitgliedschaft und Gewerkschaftskungelei kein Widerspruch sind oder irgendwie vermuten lassen, hier könne irgend etwas in der Genese von H4 ausser acht gelassen worden sein, bestätigt dieses seltsame Interview mit einem Heini vom Labournet. Immerhin nimmt Labournet für sich in Anspruch, ein "Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch" zu sein. Das Interview hätte so von jedem Journo des arrivierten teutonischen Blätterwalds geführt werden können, ohne sich verbiegen zu müssen.
Ich will hier nur auf einen Absatz im Interview eingehen, denn er zeigt, wie Laurent Joachim die wichtigste Komponente von Hartz 4 völlig verkennt, die makro-ökonomische.
LJ gibt zu bedenken:
"Ein Beispiel: Das Wachstum des Handels im letzten Jahrzehnt hat nicht zu einem besseren Leben der Menschen in den betroffenen Branchen geführt, ganz im Gegenteil: Im Einzelhandeln erhielt 2012 jeder Fünfte weniger als 8,50 Euro die Stunde [S. 157]. So muss der Staat diese Hungerlöhne mit Sozialleistungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr unterstützen beziehungsweise „quer-finanzieren“ [S. 246]. Gleichzeitig stiegen die Firmengewinne im Einzelhandel zwischen 2000 und 2010 von 11,8 auf 21,5 Milliarden Euro [S. 246], subventioniert vom Steuerzahler, wenn man so will."Nähme man diese Feststellung so hin, würde es bedeuten, der Staat wüsste eigentlich nicht recht, was er tut, wenn er jährlich wie in diesem Beispiel mit 1,5 Milliarden Euro Löhne subventioniert oder wie es LJ nennt "quer-finanziert". Die Firmengewinne werden auch nicht vom Steuerzahler subventioniert, nebenbei bemerkt.
Der Staat weiss sehr gut, was er tut. Durch die brutale Lohndeflation, die Deutschland mit der Agenda 2010 - im übrigen durchgepeitscht durch die SPD und die Gewerkschaften, mein lieber LJ - iniziierte, war und ist Deutschland in der Lage, eine in der Welt einzigartige Exportdominanz und damit Exportabhängigkeit zu erreichen. Die Dominanz ist so stark und so erfolgreich (in einer Union wohlgemerkt!), dass in der EU die Südländer stark verschuldet sind und immens hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Deutschland praktiziert eine 'beggar thy neighbor' Politik. In einer Union wohlgemerkt!
Dadurch steht Deutschland als DAS wirtschaftliche Star-Land da und erfreut sich im Vergleich zu seinen EU Nachbarländern der niedrigsten Refinanzierungskosten. Forbes schreibt dazu:
Despite Losing Tens Of Billions Of Euros, Germany Is Making A Profit Out Of The Greek Crisis
"Between 2010 and 2015 Germany profited from the ongoing Greek debt crisis to the sum of €100 billion, according to a new study. The billions consists of money saved by lower interest payments on funds the German government borrowed amid investor “flights to safety”."Der Grund?
"This is one of those things that you think just cannot possibly be true but it does appear that it is. Germany is at risk of losing perhaps as much as €90 billion as a result of the Greek debt crisis. That’s how much it could lose if Greece defaults. But recent research has shown that Germany has made more than that as a result of that very Greek crisis. Because everyone worrying about the crisis has made people pile into German government bonds, lowering the interest the country has to pay on its outstanding debt."Deutschland hat also innerhalb von 6 Jahren 100 Milliarden Euro an Zinsen gespart und da fallen 6 x 1,5 Milliarden Lohnsubvention nun wirklich unter "Peanuts".
Recht hat Laurent, dass dieser legale Steuer- und Sozialabgabenbetrug nicht Jahrzehnte weiter laufen kann mit all den intrinsischen Folgen. Nur braucht dies heutige Politiker nicht zu interessieren, denn die sind dann längst in üppiger Pension. Sie muss es noch viel weniger interessieren, weil es unter Hartz 4lern keinerlei Solidarität gibt, dafür aber die bekannten Charlatane und SGB-Kurse Schmarotzer die vorgeblich 'Tacheles' schwafeln.
Soviel ist sicher, Hartz 4 oder Hartz x wird keinen Bestand haben, denn Lohn-Dumping lässt sich replizieren.
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