10/15/2014

Warum gibt es Hartz IV?

Wieso gibt es Hartz IV/ARGE/Jobcenter? Hatten sich ab 2005 plötzlich Horden von Arbeitnehmern zusammen getan und beschlossen, jetzt mal richtig tüchtig faul zu sein, also Leute, die all die Jahre zuvor eben das Gegenteil waren? Um das zu beantworten, muss eine Blick in die Zeit der Deutschen Mark, also der souveränen Staatswährung Deutschlands, und in die Zeit des Euro, also der nicht-souveränen Staatenwährung des Euroraumes, geworfen werden.


Die Bundesbank hat eine lange Tradition der Inflationsbekämpfung und nahm dafür auch eine respektable Arbeitslosigkeit in Kauf. In den 70er und 80er Jahren drückte sie den Inlandskonsum mit einhergehender hoher Arbeitslosigkeit, um Exporte billig zu halten. Nach dem Zusammenbruch des Bretton Woods Systems übte sie Druck auf die Währungen anderer europäischer Staaten, insbesondere England, Frankreich und Italien, aus, indem sie die Deutsche Mark unterbewertet hielt. Diese Währungsdrückung garantierte den weiteren deutschen Export auf Kosten der Nachbarländer und insbesondere Italiens Lira musste ständig abgewertet werden, um mithalten zu können.

Auf Grund der wirtschaftlichen Stärke galt die Mark andererseits als stabile, sichere Währung und war als Anlage begehrt, was zu höheren DM-Kursen führte. Hier scheute die BB nicht vor aggressiven Währungsverkäufen zurück, um die deutsche Wirtschaft weiter konkurrenzfähig zu halten mit dem daraus resultierenden Druck auf die anderen europäischen Währungen.

Mit Einführung der EWS wurde eine Währungskursbandbreite eingeführt, die jedes Mitgliedsland einzuhalten hatte. Deutschlands Exportdominanz und strikte Inflationsrateneinhaltung machten die DM zu einer begehrten Währung. Gleichzeitig sahen die europäischen Defizit-Staaten ihre Währung in den Forex Märkten sich anhäufen und waren gezwungen, ihre eigene Währung stützend zu kaufen mit Fremdwährung. Die BB wusste, dass deren Währungskaufkapzität enormen Druck auf deren Zentralbanken ausübt und begrenzt ist. Dies führte dann zu Abwertungen und stark steigenden Arbeitslosenquoten in Italien, Frankreich und England.

Wenn die BB einen Anstieg der Inflation befürchtete, verkaufte sie oft enorme Mengen an DM, um den Kurs zu senken und damit die Kaufkraft. MAW, so lange Deutschland eine souveräne BB hatte, konnte es den Geldwert und die Geldmenge steuern, sprich drucken.

Ende der 90er Jahre und Anfang 2000 nahm die Arbeitslosigkeit aufgrund Wandlungen in der Weltwirtschaft (China, BRIC) in Deutschland zu.

Mit Einführung der Währungsunion verlor Deutschland die Möglichkeit, die Währung zu manipulieren. Die BB war keine souveräne (lender of last resort) Zentralbank mehr. Diese Rolle fiel nun an die EZB, allerdings aufgrund der EU Staatenkonstellation mit starken Einschränkungen und langwierigen Prozeduren.

Das deutsche 'Jobwunder'

Als nun mit der Gemeinschaftswährung Deutschland die Möglichkeit der Kursmanipulation verlor, blieb als nächste Strategie nur die Attacke gegen die eigene werktätige Bevölkerung. Schröder's 'Agenda 2010' kann auch instrumental als Teil des Grundes für die katastrophale Wirtschaftskrise in Europa gesehen werden.

Ohne die Möglichkeit der Währungsmanipulation musste das exportabhängige Deutschland seine Produktionskosten senken, um konkurrenzfähig zu werden. Viele Arbeitsplätze waren exportiert worden in lohngünstigere Länder und Deutschland war belastet durch die immensen Kosten der Vereinigung und hoher Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland.

Die 'Agenda 2010' wurde verkauft als ein Model der Flexibilität und angeblicher Arbeitsplatzgarantie bei gleichzeitiger Lohndeflation in beispiellosem Umfang. Statt zu erkennen, das aufgrund der Exportabhängigkeit, also Kapitalexport, Jobs fehlten, wurde die Faulheit der Menschen durch das angeblich opulente Sozialsystem begründet.

Was folgte waren drastische soziale Einschnitte und der Abbau des Kündigungsschutzes gepaart mit einer Flut von Praktika-Jobs und den 400-Euro Jobs.

Löhne blieben weit hinter den Produktivitätsgewinnen zurück und der Binnenkonsum stagniert auf 1990er Niveau. Die Produktionsgewinne wurden im Ausland investiert und führten, wie nun seit sechs Jahren offensichtlich, zur enormen Verschuldung südeuropäischer Eurozone Staaten.

Deutschland hat eine solche Kreditblase wie in Südeuropa nicht erlebt und das nicht etwa, weil so massvoll gehaushaltet wurde, sondern weil das Lohnniveau so enorm gedrückt wurde.

Die Ironie ist, das gerade Deutschlands Exportstärke und der damit implizierte Kapitalexport DER Grund für die anhaltende Krise der Eurozone sind. Das noch gekoppelt mit der irrsinnigen Austeritätspolitik wird für weitere Jahre Krise garantieren.

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