1/03/2018

Herr Oberstaatsanwalt Weiß, Ihre § 86a StGB Doktrin wackelt vor der Popperschen Validitätsprüfung, auch der Nominative Determinismus kommt ins Wanken.

"On the other hand it seems clear 
that where there is sense 
there must be perfect order.
So there must be perfect order 
even in the vaguest sentence." 

Ludwig Wittgenstein: Philosophical Investigations I, § 98.

. . . . . . . . . . .


5. Strafsenat d. OLG München
Nymphenburger Str. 16
80097 München

AZ 13 Ss 364/17

03. Jan. 2018

Guten Tag Herr Oberstaatsanwalt Weiß,

Ich muss aus gegebenen Gründen - wissenschaftlichen als auch dem Streben nach den Purusharthas - noch einmal auf Ihr inhaltskorpulentes Schreiben vom 13.09.2017 zurückkommen, denn ich befinde mich in einer Bredouille.

Basierend auf der Hypothese des Nominativen Determinismus des britischen Magazins New Scientist von 1994 fühlte ich mich bemüssigt, zunächst Ihre flamboyante Argumentationskette, so erfrischend jungfräulich jeglicher Wittgensteinscher Sprachreflexionen, in selbigem Brief zu sezieren. Strukturierte Ihre Thesen sodann mit der Intention, die bayerische Jurisprudenz einer wissenschaftlichen Micro-Pilotstudie zu unterziehen und medienfreundlich tituliert: "Hält das § 86 a StGB Diktum des Oberstaatsanwalt Weiß vom OLG München dem Popperschen Abgrenzungskriterium der Falzifizierbarkeit stand?"

Pekuniäre Limiten liessen nur eine Micro-Studie von drei Fällen zu: die Münchner Schmalz-Gazette Merkur mit einer Merkel-Nazi Karikatur (nicht unähnlich der meinen aus Fall Az. 18 Ns 112 Js 203869/12, wie ich mich anschicken möchte, zu erwähnen), das Regenbogen-Nachrichten-Blatt Spiegel als Wissensbrunnen des deutschen intellektuellen Elitärproleten mit einer erwartungsgemäss recht platten Hitler-AfD Platitude auf Bento und das unsägliche ZdF mit einer Einlage deutsch-sedimentären Humors eines jugendlichen Schnösels.

Hamburg hat bis auf eine Empfangsbestätigung vom 11.10.2017 mit Az. 7101 Js 742/17 noch nicht entschieden, wohl aber Staatsanwalt Deutschler aus Mainz mit Schreiben vom 26.09.2017 und Az. 3100 Js 30875/17. Er befand Ihre § 86 Argumentationskette in seiner handschriftlich (!) unterschriebenen Replik nach eingehender Untersuchung des Videos von einem deutschen Provinzkomiker namens Böhmermann oder so ähnlich - pardon, Deutschgebildete und  ähnliche Naseweise nennen das Genre ja Kabaret - als wenig bis gar nicht überzeugend.

Nun gut, damit ist das Abgrenzungskriterium zwar tangiert, aber noch nicht sekantiert. Lädiert wurde es aber zu meiner Konsternation durch eine sehr engagierte Oberstaatsanwältin aus Ihrem eigenen Haus notabene, Frau Gabriele Tilmann. Nach Lektüre ihres Schreibens vom 08.12.2017 mit Az. 115 UJs 727000/17 muss Ihr Diktum, werter OStA Weiß, in Zweifel gezogen werden, denn der Argumentationsansatz der Khaleesi aus den Tempeln der Münchner Jurisdiktion besticht zuvörderst durch konsequente Exponierung der normativen Ambivalenz.

Die wissenschaftliche Validität und damit die Funktion des Arbiter Elegantiarum hängt jetzt förmlich am Seidenfaden der Hamburger Staatsanwaltschaft. Ich bin bei dem 'Bento Fall' allerdings vorsichtig optimistisch und werde Hamburg ermuntern in meinem Streben um Satyagraha, sich doch um eine Evaluierung zu bemühen.

Gleichwohl muss ich immer wieder Richard Feynmans Kurzschrift 'Cargo Cult Science' reminiszieren oder auch wie Wittgenstein in ''On Certainty' § 549 sinnierte: "Pretensions are a mortgage which burdens a  philosopher's capacity  to think". Recht pertinent auch ein Kommentar von John Maynard Keynes aus dem Jahr 1934, in einem Fragment des Schreibens, das wahrscheinlich Teil eines Entwurfs des Vorworts für die 'Allgemeine Theorie' war, als er schrieb: "Ein Wirtschaftsjournalist verlangt von seinem Leser viel guten Willen und Intelligenz und ein großes Maß an Kooperation ... In der Wirtschaft kann man seinen Gegner des Irrtums nicht überführen, man kann ihn nur davon überzeugen." Das, denke ich, sollte auch für die Jurisprudenz gelten, die, gleich der Ökonomie, bekanntlich keine Wissenschaft ist.

Ich bleibe an der Sache und Ihnen zu Dank verpflichtet für Ihre Aufmerksamkeit. Lassen Sie uns gemeinsam 'der Fliege den Weg aus der Fliegen-Flasche zeigen'.

Mit besten Grüssen

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