Guten Tag Herr xxx,
Ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben an meine Tochter bzgl. dieser exorbitanten Benotungsdiskrepanz in einer Englisch Schulaufgabe im Vergleich zu den Noten in den ganzen Jahren zuvor und ihrem von Ihnen abgelehnten Antrag, die Schulaufgabe wiederholen zu dürfen.
Bevor ich auf diesen einen so inhaltsreichen Satz Ihres Briefes eingehe kurz etwas zu mir. In den langen Jahren meiner Zeit im Ausland habe ich ein wenig Eindruck vom französischen Schulsystem bekommen und tieferen Einblick in das amerikanische, britische als auch das indische Schulsystem. Alle haben mich beindruckt, was ich vom deutschen nicht behaupten kann.
Nun zu dem Behuf meiner damaligen Email an Sie: Ich denke, man kann von einem/r Lehrer/in anlässlich einer Schulaufgabe erwarten,
- sich ob der inhaltlichen Korrektheit der ausgeteilten Aufgaben absolut sicher zu sein
- die Tischordnung vorab gleich arbeitsgerecht zu gestalten, um nachträgliches Verrücken zu vermeiden
- sich von den Arbeitsblättern des Schülers fernzuhalten
- einen eventuell sachfremden Redeschwall tunlichst zu unterbinden. Ja, der der Lehrerin ist gemeint
- schlussendlich nicht als Frau urplötzlich während der Schulaufgabe inhaltsfremd über Bananen zu reden. Sic! Bananen!
Sonstige wünschenswerte Fähigkeiten:
- der Ausspracheunterschied zwischen 'to execute' und 'executive' existiert real
- die Fehlerquote in ausgehändigten Arbeitsblättern doch vielleicht zu reduzieren
- 'sentences' am besten nicht auszusprechen, es wird sonst Loriot-haft
- als auch allgemein vorbereitet zu sein
- vielleicht auch Emails zu beantworten
- und vertrauliche Emails nicht weiter zu geben
Erlauben Sie mir, mich dem Kernsatz Ihrer Epistel zuzuwenden, in der Sie eine Wiederholung der Schulaufgabe ablehnen mit folgender Begründung an meine Tochter gewandt:
"Ihre subjektive Wahrnehmung unterscheidet sich also von der Frau B. und dem Rest der Klasse."
Gott sei Dank musste Wittgenstein diesen Satz nicht über sich ergehen lassen, aber sein Urteil wäre in Form eines seiner bekanntesten Zitate ausgefallen.
Wenn Sie eine Wahrnehmung durch eine Subjektivität, die, wie wir schon mindestens seit Plato und seinem Grottenbeispiel wissen, immer auf etwas Reales bezogen ist und wie unschwer aus dem Adjektiv 'wahr' im Begriff Wahrnehmung deduziert werden kann, zu relativieren geneigt sind, so gilt dies in Extension ipso facto natürlich ebenso für die Schüler und/oder Lehrerin B.
Mit anderen Worten, Ihr Argument ist ein typisches Beispiel einer 'Fallacy of composition' oder falls es Ihrer Diät näher kommt, ein Red Herring. Der Umstand einer ausgebliebenen Beschwerde belegt nicht die fehlende Validität einer Wahrnehmung einer anderen Person. Herr Gott, dies soll doch angeblich das Land der Dichter und Denker sein. Auf McKinsey's Studie über die 'World's Best Performing Schools' gehe ich der Wahrung des guten Geschmacks wegen nicht weiter ein. Ist aber lesenswert und für DE ernüchternd.
Wie sagte doch RW Fassbinder: "Es gibt drei Arten von Frauen: Die Schönen, die Intelligenten und die Mehrheit" und wenn eine Schule noch nach ihm benannt ist, sollte peut-être die Validität von Shakespeare's 'What's in a name?' hinterfragt werden?
Oh, und Betreff Corporate Governance, Emails die Gesundheit eines/r Schülers/in beinhaltend sind vertraulich zu halten. Die Englisch Lehrerin Fräulein B. weiss den Zusammenhang.
Als Coda: darf ich die Hoffnung entertainen, so etwa in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Computer-Unterricht an Ihrer Schule zu sehen?
In diesem Sinne mit den besten Grüssen nach Bayern